PLANUNGSGESCHICHTE
Im November 1996 stellte die Brauerei Hürlimann nach 160 jähriger Tätigkeit
in Zürich-Enge ihren Betrieb ein. Was übrig blieb war eine grosse,
innerstädtische Industriebrache an attraktiver, zentraler Lage mit einem
hervorragenden Entwicklungspotenzial. Um die Liegenschaft einer neuen
Nutzung zuführen zu können, organisierten die Behörden der Stadt Zürich
zusammen mit den Besitzern ein kooperatives Planungsverfahren, das zu einem
städtebaulichen Konzept und im Jahre 2000 zu einem privaten Gestaltungsplan
führte. Parallel dazu wurden die Belange der Denkmalpflege in einem
verwaltungsrechtlichen Schutzvertrag geregelt. Auf der Basis von
Gestaltungsplan und Schutzvertrag wurde seither die Umnutzung und Erneuerung
des ehemaligen Hürlimann Areals zügig vorangetrieben. Als letzte Bauetappe
sollte die so genannte „Berganlage" mit zwei Ersatzbauten komplettiert
werden. Nachdem das Baukollegium der Stadt Zürich die Bewilligung eines
ersten Entwurfs verweigert hatte, veranstaltete 2004 die damalige Besitzerin
des Areals mit Unterstützung des Amtes für Städtebau der Stadt Zürich einen
Studienauftrag, um Vorschläge für Ersatzbauten von Malzsilo und
Gärtankanlage und den Umbau der neu zu nutzenden Berganlage zu erhalten. Aus
dem anonym durchgeführten Studienauftrag unter sechs Architekten ging
schliesslich das nun realisierte Projekt des Architekturbüros Thomas
Schregenberger als Sieger hervor.
STÄDTEBAU
Die Berganlage der ehemaligen Brauerei Hürlimann ist von weitem gut sichtbar
und von grosser städtebaulicher Bedeutung. Markante Baukörper erheben sich
über die bewaldete Moränekante, einem Landschaftselement, welches die Sihl
vom Zimmerberg her bis in die Innenstadt hinein begleitet. Über dem steil
abfallenden, westlichen Teil der Moränekante steht die äussere Berganlage,
ein Gebäudeensemble mit Gärtankanlage, Kesselhaus und Malzturm. Zwei
gegenläufige, landschaftliche Bewegungen - die steilabfallende, bewaldete
Hangkante im Westen und die in zwei Windungen von der Brandschenkestrasse
hinaufführende Bergstrasse im Osten - prägen die städtebauliche Situation.
Während die Gärtankanlage die Bewaldung des westlichen Hügelrückens stoppt
und zwischen Berganlage und der Stadt vermittelt, markiert der Malzturm den
Endpunkt der sich emporwindenden Bergstrasse. Die städtebaulichen Funktionen
der beiden Ersatzbauten könnten somit unterschiedlicher nicht sein. Das
Bürogebäude DL4 (ehemalige Gärtankanlage) nimmt eine dynamisch vermittelnde
Rolle ein, der Malzturm dagegen ist markanter, statischer Schlusspunkt.
Nebst den offensichtlichen Unterschieden der beiden Bauten gibt es aber auch
Gemeinsamkeiten. Beide Ersatzbauten bestehen aus zwei verschiedenen
übereinander gelagerten Baukörpern. Damit übernehmen sie ein markantes
Element der bestehenden Anlage, binden die drei Frontbauten zu einem Ganzen
zusammen und verweisen auf die im Industriebau übliche Art des
Weiterbauens.
ERSATZBAU MALZTURM
Der Malzturm ist das oberste Element der westlichen Gebäudesilhouette, ein
monolithischer Baukörper, der die äussere Berganlage abschliesst. Seine
Kantigkeit und seine feingliedrige, vertikale Fassadenstruktur sollen an den
geschlossenen, monolithischen Silobau erinnern, den er ersetzt. Mit der
Fassadengliederung und der Farb- und Materialwahl übernimmt der Neubau
markante Eigenschaften des ehemaligen Silobaus. Der Neubau umfasst sieben
Obergeschosse, welche durch eine „Taille" in zwei unterschiedlich grosse
Gebäudehälften geteilt sind. Im oberen Gebäudeteil sind Geschosswohnungen in
unterschiedlicher Grösse untergebracht. Die unteren drei Geschosse
beinhalten Lofts und Maisonettewohnungen. In den zwei Untergeschossen
befinden sich die Wohnungskeller und eine zweigeschossige Tiefgarage für 30
Parkplätze. Sie wird über einen Autolift erschlossen. Die Statik des
Gebäudes ist klar und einfach organisiert. Fassade sowie Kern des Gebäudes
sind tragend, der Raum dazwischen frei unterteilbar. Diese einfache
Gebäudestruktur bildet die nötige bauliche Flexibilität für die vielfältigen
Ausbauwünsche der Wohneigentümer. Sie wird durch die Lage der Haustechnik im
Gebäudekern noch unterstützt. Die vertikal gegliederten Fassaden des
Gebäudes bestehen aus gelblich eingefärbten Sichtbetonbändern und dazwischen
liegenden bronzenfarbenen Metallfenstern. Die Betonfassaden sind tragend und
innenisoliert, die Fensterfronten grossflächig und geschosshoch. Sie bringen
viel Licht in die ohnehin schon hohen, grosszügigen Wohnungen. Für die
Wohnräume sind helle Wände, dunkle, schwere Parkettböden und leichte,
verschiebbare Holzfronten im Kernbereich vorgesehen. Das über die ganze Höhe
offene, in der Gebäudetaille aber um einen Lauf verschobene Treppenhaus ist
wie die Aussenfassade aus Sichtbeton gestaltet und mit bronzefarbenen
Metalltafeln verkleidet. Vertikal montierte Lichtstreifen rhythmisieren die
innere Fassade und lassen den Raum in seiner gesamten Höhe erfahrbar
werden.
ERSATZBAU BÜROGEBÄUDE DL4
Das Bürogebäude DL4 ist zusammen mit dem Malzturm und dem denkmalgeschützten
Kesselhaus Teil der äusseren Berganlage. Sein Volumen zeichnet im
Wesentlichen die ehemalige Gärtankanlage nach, die es ersetzt. Im Gegensatz
zum vertikal gegliederten, statisch wirkenden Malzturm ist sein Grundriss
dynamisch und seine Fassade horizontal gegliedert. Gemeinsam sind den beiden
Bauten die in der Horizontale zweigeteilten Baukörper. Das DL4 ist in die
Moränekante hineingebaut und umfasst sieben Geschosse, vier dreiseitig
verglaste, offene Obergeschosse, zwei in den Hang hineingebaute, zweiseitig
belichtete Sockelgeschosse und ein Untergeschoss. Das Gebäude ist klar und
einfach strukturiert. Die geschlossene Südfassade, der Erschliessungskern
und die freistehenden Stützen sind tragend. Stützen und Kern sind so
angeordnet, dass eine möglichst hohe Grundrissflexibilität entsteht. In den
oberen Geschossen sind entlang der Ostfassade Zellenbüros vorgesehen,
entlang der Westfassade eher offen gegliederte Büroflächen. Die
Büroräumlichkeiten wurden im Edelrohbau vermietet und von den heutigen
Benutzern individuell ausgebaut. Der Erschliessungskern wird aus drei farbig
lasierten Betonkörpern gebildet. Ein grosszügiger Eingangsbereich gibt dem
Gebäude das nötige Gewicht. Die horizontal gegliederte, vorgehängte Fassade
mit tiefen Brüstungsbändern und Alu-eloxierten Metallfenstern wirkt offen
und elegant. Bis auf die Arbeitsfläche hinunterreichende Fensterfronten
ermöglichen einen attraktiven Ausblick auf die Bergstrasse im Osten und die
Sihl mit der Parkanlage Sihlhölzli im Norden und Westen.
LIFTTURM
Eine neue Liftanlage verbindet die Berganlage mit dem 15 Meter tiefer
gelegenen Sihltal und der S-Bahnstation Giesshübel. Sie besteht aus einem
weitgespannten Steg und einem Turm. Diese beiden Elemente, in Beton
gegossen, betonen den skulpturalen Charakter der Anlage und zeichnen die
Choreographie der Verbindung nach.