0951
Hochhäuser ABB
Baden
Studienauftrag 2009
ABB Immobilien AG
Thomas Schregenberger GmbH
Andrzej Egli, Thomas Schregenberger, Stefan Schüpbach
Landschaftsarchitektur: Noa Landschaftsarchitektur
Bauingenieur: Aerni + Aerni
HLKS-Ingenieur: Grünberg + Partner AG
Elekroingenieur: Schmidiger + Rosasco AG
Fassadenplanung: GKP Fassadentechnik
120 Mio. CHF

Die beiden Hochhäuser stecken, wie vom Geometer gesetzte Jalons, weit sichtbar die östliche Begrenzung des ABB Geländes ab. Gleichzeitig zeichnen sie den Verlauf des angrenzenden Bahntrassees nach, und damit auch die Gestalt der umliegenden Topographie und den Gang der Limmat. Mit der Übernahme der vorherrschenden Orthogonalität werden die beiden Gebäude Bestandteil der bestehenden Industrieanlage. Dank ihrer Grösse und ihrem vergleichbaren Äusseren sind sie aber vor allem auch als Gebäudepaar - und damit in Ihrem Verhältnis zueinander - wahrnehmbar. Somit sind sie nicht nur Teil der Industriestadt Nord, sondern auch Teil der Topographie, welche sie umschreiben, Teil der Stadt Baden, der Landschaft mit Limmat und der Bahn.
 
Die beiden Hochhäuser bestehen aus einfachen, an den Gebäudekanten abgerundeten Volumen, haben eine Grundfläche von rund 27 auf 35 Meter und sind 16 Geschosse hoch. Ein zentraler Kern und von der Fassade leicht zurückversetzte Betonscheiben bilden die Tragkonstruktion. Diese je nach Fassade drei, respektive vier sichtbaren vertikalen Scheiben werden umspannt von breiten Brüstungsbändern. Fassadenbündige horizontale Fensterelemente bringen Licht in die verschiedenen Bürogeschosse. Das Spiel zwischen den statisch wirkenden vertikalen Elementen und den bewegten horizontalen Brüstungsbändern wirkt ausgewogen und verleiht den Gebäuden die nötige Gelassenheit. Die mit Glasmosaik verkleideten Brüstungsbänder geben dem eher leicht wirkenden Gebäude seine Körperlichkeit. Mit ihrer Leuchtkraft und Farbigkeit suchen sie die Verbindung zum dahinter stehenden Power Tower von Roger Diener.
 
Erschlossen sind die Hochhäuser über zweigeschossige der Stadt zugewandte Eingangshallen. An einem zentral angeordneten Empfangsdesk werden die Gäste begrüsst. Von dort aus führt der Weg direkt zu den Liftanlagen oder über eine grosse Wendeltreppe hinauf zu den Sitzungs- und Konferenzräumen im ersten Obergeschoss. Die Anlieferung und Logistikräume sind im mittleren Teil des Erdgeschosses angeordnet, während die Rampe zur darunter liegenden Parkgarage, respektive zum Parking unter dem Brown-Boveri-Platz, im der Bahn zugewandten Teil untergebracht ist. In den Bürogeschossen sorgt ein konsequent angewendetes Grundrissraster von 1.35 x 1.35 Metern für optimale Flexibilität. Verschieden tiefe Raumzonen ermöglichen unzählige Grundrissvariationen und offene Büros, welche bis zu drei Arbeitsplatz-Reihen aufweisen können. Hohlböden sorgen für eine hohe Installationsflexibilität. Die zweihäutige Fassade mit offen hinterlüfteter äusserer Fensterfront ermöglicht eine optimale geschützte Beschattung. Die innen liegenden Fensterfronten sind auf Wunsch individuell zu öffnen. Das Dachgeschoss ist mehrheitlich durch Technikräume genutzt. Daneben aber bietet es Platz für hohe, attraktive Konferenzräume oder eine allseitig begehbare Aussichtsterrasse.


Umgebung
 
Das Areal Baden-Nord ist geprägt von grossen Bauvolumen und homogenen Aussenräumen mit grossflächigen Asphaltbelägen. Beides sind typische Elemente von Industrie- und Gewerbearealen. Die Rückspringenden Vorbereiche sind punktuell mit Bäumen und Parkplätzen bestückt, während die Gassen freigehalten sind.
Der Brown-Boveri-Platz fügt sich in dieses städtebauliche Gefüge ein.
Durch eine Stützmauer werden Höhenunterschiede ausgeglichen und der Platz in eine Erschliessungs- und Aufenthaltszone unterteilt. Eine neue Grünfläche über der Tiefgarage dient als Erholungsort in der Mittagspause und in der Freizeit. Der Brown-Boveri-Platz bleibt somit weiterhin das grüne Herz in Baden Nord und dem angrenzenden Stadtteil.
Die leicht erhöhten Rasenflächen präsentieren sich mit ihren abgerundeten äusseren Rändern wie ein dicker, grüner Teppichflor. Im Inneren sind die Grünflächen mit Sitzmauern unterteilt, die begehbar sind und zum Verweilen einladen. Hohe Bäume spenden Schatten und definieren den Raum gegen aussen hin.
In der Umgebung der neuen Hochhäuser wird der industrielle Charakter mit seinen grosszügigen Asphaltflächen weitergeführt. Vereinzelte Velodächer mit Bäumen stehen als freie Elemente im Raum. Entlang der Bahnlinie wird der Raum durch einen Stahl-Lamellenzaun gefasst, der je nach Standort mehr oder weniger durchlässig ist.


Tragstruktur

Die Tragstruktur der beiden Hochhäuser besteht vollständig aus Stahlbeton. Kernwände im Innern sowie vorfabrizierte Stützen entlang der Fassade tragen die bis zehn Meter weit gespannten Flachdecken. Für den Brandschutz und als Versteifung des Deckenrandes wird eine aussen an den Stützen durchlaufende Brüstung betoniert. Deckeneinlagen sind nur für die Bauteilaktivierung vorgesehen, sodass zur Gewichtseinsparung und Minimierung der Deckenstärke Hohlkörper eingesetzt werden können.
Die vertikalen Tragelemente laufen durch alle Geschosse durch bis zur Fundation, einzig im Erdgeschoss wird für den Eingangsbereich eine Öffnung in der Mitte einer Kernwand benötigt. Damit ergibt sich ein stetiger Verlauf der Aussteifung und die günstig im Zentrum liegenden Betonkerne gewährleisten die Abtragung der horizontalen Einwirkungen sehr wirtschaftlich.
Die Tragstruktur der unterirdischen Parkgaragen unter dem Hochhaus Nord und dem Brown-Boveri-Platz bestehen ebenfalls vollständig aus Stahlbeton und entsprechen mit dem auf optimale Parkierung ausgerichteten Stützenraster und der sich daraus ergebenden Deckenstärke einem ökonomischen Standard.
Wir gehen davon aus, dass die Fundation über die Bodenplatte flach erfolgen kann. Für die Dimensionierung sind genauere geotechnische Angaben notwendig.
Die tiefen Baugruben werden mit einem vertikalen Baugrubenabschluss erstellt. Die Art ist noch offen, die beste Wahl hängt neben anderen Randbedingungen auch vom Rückbau bestehender Gebäudeteile und der Altlastensanierug ab. Beim Hochhaus Nord wird der bestehende Presskanal in die Parkgarage integriert. Hier könnte die Deckelbauweise einen interessanten Ansatz bieten, der im weiteren Projektverlauf untersucht werden sollte.


Fassade

Die Fassade ist in Brüstungsbänder und verglaste Bereiche aufgeteilt. Mit der betonierten Brüstung wird die Anforderung des Brandüberschlages bei Hochhäusern erfüllt. Gleichzeitig reduziert die Brüstung den Glasanteil auf ideale 50%.
Die Brüstungen werden aussen konventionell gedämmt und mit einer hinterlüfteten Bekleidung aus Glasmosaik abgedeckt. Die Trägerplatten des Glasmosaiks werden mit einer handelsüblichen Unterkonstruktion aus Aluminium an den Rohbau fixiert.
Der verglaste Bereich ist zweischichtig. Die äussere Prallscheibe aus VSG wird mit einem dezidierten, schwach reflektierendem Sonnenschutzglas (< 13%) versehen. Die Farbgebung ist neutral gehalten. Durch diese Glaswahl kann der Energieeintrag in den gut durchlüfteten und witterungsgeschützten Zwischenbereich bereits erheblich reduziert werden.
Im Zwischenraum sorgt ein Rafflamellenstoren mit Flachlamellen für einen optimierten Sonnen- und Blendschutz und dies bei optimaler Tageslichtnutzung. Mit einer energetisch optimierten Steuerung wird der Storen immer in optimaler Position gehalten oder nach Benutzereingriffen periodisch wieder in diese nachgeführt.
Der thermische Abschluss erfolgt durch den Einsatz von Holzfenstern mit 3-fach Isolierverglasung. Die Fenster reichen nahezu bis an die Decke um möglichst viel Licht in die Tiefe der Räume zu führen. Die Fenster sind von innen zu öffnen. Unterhalt und Reinigung des Zwischenraumes erfolgen ohne teure Hebemittel aus dem Stockwerk.
Die Fassade erfüllt sowohl im Bereich der Fenster wie auch der Brüstung die Anforderungen von Minergie. Die Fassade erfüllt auch die Basisgrundlagen für eine Zertifizierung nach Minergie-P und/oder Minergie ECO.


Gebäudetechnik

Die Wärmeerzeugung wird in erster Priorität die Abwärme des Rechenzentrums Alstom nutzen, bei zu geringer Wärme wird das Fernwärmeheiznetz auf dem Areal zugeschaltet. Die benötigten Kältelasten werden mit besprühten Kühltürmen erzeugt. Zusätzliche Kältemaschinen (mit WRG-Nutzung) werden bei Bedarf dazugeschaltet.
Sämtliche Räume werden mit einem TABS (Thermoaktive Bauteilnutzung), d.h. einbetonierten Rohren gekühlt und auch geheizt. Es kann je nach Bedarf zwischen einem Temperatur-Niveau "Hoch / Mittel / Tief" gefahren werden. Bei hohen Kühllasten besteht die Möglichkeit, Umluftkühler oder Deckenkühlmodule nachzurüsten.
Die erforderlichen Luftmengen werden mechanisch via dem Doppelboden den Räumen zugeführt. Die Abluft wird an der Fassade abgesogen. Eine hohe Flexibilität wird bei späteren Umnutzungsanpassungen gewährleistet.
Die Treppenhäuser und Vorplätze werden nach Vorgaben der Gebäudeversicherung entraucht, wie auch die Tiefgaragen.
Die elektrische Erschliessung erfolgt via den Doppelböden und garantiert auch die entsprechende Flexibilität. Sämtliche Beleuchtungen werden tageslichtabhängig und auch via Bewegungsmelder gesteuert.
Die Anlagen werden mit einem zentralen Gebäudeleitsystem geregelt und auch überwacht.
Das vorgesehene Bus-LAN-System ermöglicht bei späteren Nutzungsänderungen einfache Umprogrammierungen der Aktivkomponenten, ohne grosse Investitionen zu tätigen.
Die Gebäudetechnikinstallationen pro Stockwerk sind um den Erschliessungskern optimal platziert. Die Haustechnikzentralen sind im Dachgeschoss und in den Untergeschossen am durchgehenden Kern, im Bereich der Schächte angeordnet.