Das Strandbad Mythenquai ist ein parkähnlicher Raum am See, der wie andere
Freibäder auch, temporär durch die Badenden in Besitz genommen wird.
Gekennzeichnet wird diese individuelle, zeitlich begrenzte Inbesitznahme mit
dem Auslegen der Badetücher. Diese territoriale Vereinnahmung des Bades
durch die Körper der Badenden ist Thema der hier vorgeschlagenen
Kunstintervention und die Gedanken darum bilden die Basis für unser
gemeinsames Projekt. Die Themen der Verteilung und Gruppierung, von Präsenz
und Leere spielen eine grosse Rolle. Das Bedecken und Abdecken, das
Überschatten und Nehmen und Belassen von Fläche wird von uns als Gesamtraum
des Bades neu rhythmisiert. Basierend auf dem Vorhandenen erzeugen die
Massnahmen in Architektur, Freiraumgestaltung und Kunst eine neue Kohärenz
des Strandbades als Parkraum.
Freiraum
Die Qualität des Vorhandenen liegt in der offenen Gefasstheit der Bade- und
Parkanlage. Unaufdringlich gerahmt von den Garderoben- und Nebengebäuden der
1950er Jahre ist der parkartige Raum durch das lockere Kronendach der
bestehenden Bäume überspannt. Vor allem im älteren, nördlichen Teil ist
dieser Charakter deutlich. Negativ ist der Zerfall dieses Raumpotentials
einerseits durch den bestehenden Kiosk aus den 1980er Jahren, mit
vereinzelten und fragmentarischen Interventionen im direkten und weiteren
Umfeld, sowie einzelgängerische Raumgesten im Süden des Strandbades,
die diesen Teil als „nicht vollzogene Erweiterung" erscheinen lässt. Hier
zerfällt der Raum und verliert seine kohärente Qualität.
Der im Süden zersplitterte Gesamtraum wird durch Auslichten des
Baumaufwuchses und der Sträucher und durch Neupflanzungen zu einem offenen,
jedoch zusammenhängenden Parkraum gefügt. Gleichzeitig wird das Gelände mit
insgesamt acht Hügeln akzentuiert. Die flachen Topographien weisen alle eine
sanfte, aber dennoch gefasste Form auf. Bei einer maximalen Höhe von einem
Meter modulieren und gliedern sie den Raum. Es entstehen Bezug gebende
Horizonte im gepflegten Rasenteppich die unterschiedliche Nutzungsmuster und
Mikrosoziotope generieren: Das sich Sonnen oder das Frisbeespiel, das Lagern
mit der Familie oder das Buchlesen mit einer leichten Böschung im Rücken
nutzt unterschiedliche Mikroklimate und Topographien.
Als rahmende Geste zum Mythenquai wird die Bambuswand in beide Richtungen
fortgeführt. Dieser starke räumliche Rücken entlang der westlichen Grenze
dient auch der Organisation aller einzelnen Ausstattungselemente der Badi
(freistehende Umkleidekabinen, Kinderbad, Kletterspielplatz und
Grillierbereich). Gefasst durch Garderobengebäude und Bambuswand fügt sich
hier auch die neue Anlieferung ein. Die einzelnen Elemente werden mit den
neuen Hügel und neuen Baumgruppen räumlich rhythmisiert. Alle
Baumneupflanzungen werden mit fiederblättrigen Baumarten ausgeführt. Diese
ergänzen die vorhandenen fiederblättrigen Eschen, Blasenbäume, Sophoren,
Götterbäume, Zelkoven und Surenbäume des Strandbads. Die Fiederung der
Laubes lässt sich - trotz der lokalen Standortgerechtigkeit - als subtile
Tropikalisierung lesen: ein Hauch von Exotik wie in einem Palmenhain. Alle
Wege werden in Asphalt ausgeführt. Akzentuierenden Einzelflächen wie
Duschen, Stege und vor allem aber die Terrasse des neuen Kiosk werden in
Beton ausgeführt. Die bisherigen Einbauten von Sträuchern und Holzwänden
werden zurückgebaut.
Kunst
Als Geste einer umfassenden Raumidee für das Strandbad wendet das
künstlerische Konzept die Strategie einer der Badekultur eigenen
Territorialisierung an. Die Repräsentation des menschlichen Körpers im
öffentlichen Bad erreicht strategisches Niveau, wenn es die Inanspruchnahme
konkreten Raums und Territoriums angeht. In Bezug zu der Stelle, an der man
sich und seine Sachen niedergelassen hat: Das In und Aus-dem-Wasser, das
Wegsein zum Spielen, das Holen eines Getränks oder Snacks beinhaltet die
Dialektik der An- und Abwesenheit des Körpers im Raum.
Die für das Strandbad Mythenquai konzipierte Serie von Skulpturen
repräsentiert unterschiedliche Badetücher, die jeweils eine Liegestelle von
ein bis anderthalb Quadratmetern für sich beanspruchen. Die Zusammenstellung
einer solchen Gruppe von Skulpturen präfiguriert das soziale Erleben einer
Familie oder Gruppe Freunde im Bad. Die Skulpturen bilden die auf
Handtüchern gelegenen Körper ab, deren Abdruck je nach Untergrund Sand,
Grass, Beton - ein konkreteres Abbild des abwesenden Körpers
hinterliesse.
Die Handtuchkörper (zwischen 75 x 150 cm und 80 x 200 cm) werden in
Hochleistungsfaserbeton (Ductal) gegossen. Das Material ermöglicht feinste,
selbst textile Oberflächendetails. Die Silikongussform wird von einer
modellierten Tonform abgenommen. Die abstrakte Musterung wird in Grautönung
als gefärbter Beton gegossen. Der Werkstoff Ductal kombiniert
aussergewöhnliche Haltbarkeit mit exakten Gussmöglichkeiten für einfache,
wie auch hochkomplexe Formen.
Jede Einzelskulptur zeigt den Abdruck einer Person. Das Strandbad erhält
drei Gruppen solcher Skulpturen. Während die Skulpturen weiterhin begehbar
und benutzbar sind, werden sie doch immer markieren, dass diese Stelle schon
besetzt ist. Das Strandbad Mythenquai verdient es, den Menschen immer
präsent zu haben: in der Badesaison, wie auch im Herbst, Winter und im
Frühjahr.
Pavillon
Der Pavillon besteht im Wesentlichen aus einem grossen, hauchdünnen Dach,
das mit seiner Aufsicht an eine "Liegende" (Figur) erinnert und sich mit
dem Kronendach der bestehenden Bäume verbindet. Unter dem Dach sind
zum einen die Räumlichkeiten des neuen Kiosks untergebracht, im offenen Teil
organisiert und beschattet es auch die Aussensitzplätze. Die Grundrissfigur
ist dem See zugewandt und bildet einen offenen Hof, von dem aus eine
gedeckte Zone zum Kiosk, dem Restaurant und zu den WC-Anlagen führt. Das
leicht wirkende Dach, welches sich nach aussen hin noch verjüngt, ist
maximal 20 cm dick, wird aus Brettschichtholz gefertigt, von nur 4 cm dicken
Stahlstützen getragen und mit einer vorkonfektionierten EPMD-Kautschukfolie
gedeckt. Der darunter liegende, frei geformte Körper wird durch geschosshohe
Rundhölzer formuliert. Dahinter sind wahlweise Isolationsverbundplatten
respektive rahmenlose Isolationsverglasungen zwischen Boden und Dach
gespannt. Die Rundhölzer der Fassade betonen die Körperlichkeit des
Gebäudes, der weisse Anstrich schafft eine gewisse Beziehung zu den übrigen
Bauten der Anlage. Das Innere des Gebäudes ist einfach organisiert. Eine
interne Erschliessung verbindet die Anlieferung und sämtliche Kühl- und
Lagerräume mit der Küche, dem Selbstbedienungsbereich und dem Kiosk.
Die Lage des neuen Pavillons ist leicht nach Süden verschoben. Er wird damit
zum Bindeglied zwischen dem nördlichen und südlichen Teil der Anlage. Ein
weiterer Vorteil dieser Verschiebung scheint aber auch zu sein, dass mit
gewissen Bauarbeiten schon vor dem Abbruch des bestehenden Gebäudes begonnen
werden kann.
Unser Projekt sieht vor, mit meist kleinen Eingriffen den Charakter des
heutigen Strandbads zu stärken um das Mythenquai als einen offenen,
zusammenhängenden Park erlebbar zu machen. Die Ränder werden gefestigt und
der Parkraum durchlässiger gestaltet. Die in Teilen vorhandene „Topographie"
wird aufgenommen und zu einer „Landschaft" geformt. Die zu Gruppen
zusammengefassten und frei im Park platzierten Badetuch-Objekte thematisiert
das räumliche wie auch sinnliche Verhältnis von Wiese und den darauf
liegenden Körpern. Das Pavillongebäude als das Zentrum der Anlage verbindet
die verschiedenen Räume miteinander und vermittelt zwischen Baumkronen und
Topographie. - Unser Projekt soll ein Ort für soziale und sportliche
Aktivitäten sein, aber auch ein Ort für Ruhe, Müssiggang und Tagtraum.