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Kiosk Mythenquai
Zürich
Wettbewerb, 2010
Stadt Zürich / Amt für Hochbauten
Thomas Schregenberger GmbH
Thomas Schregenberger, Andrzej Egli, Rita Naidu
Landschaftsarchitektur: 100 Landschaftsarchitektur, Thilo Folkerts
Kunst: Michel de Broin
Bauingenieur: WGG Schnetzer Puskas Ingenieure AG
Fassadenplaner: GKP Fassadentechnik AG, Reto Gloor
Bauphysik: BAKUS Bauphysik & Akustik GmbH
4.5 Mio. CHF

Das Strandbad Mythenquai ist ein parkähnlicher Raum am See, der wie andere Freibäder auch, temporär durch die Badenden in Besitz genommen wird. Gekennzeichnet wird diese individuelle, zeitlich begrenzte Inbesitznahme mit dem Auslegen der Badetücher. Diese territoriale Vereinnahmung des Bades durch die Körper der Badenden ist Thema der hier vorgeschlagenen Kunstintervention und die Gedanken darum bilden die Basis für unser gemeinsames Projekt. Die Themen der Verteilung und Gruppierung, von Präsenz und Leere spielen eine grosse Rolle.  Das Bedecken und Abdecken, das Überschatten und Nehmen und Belassen von Fläche wird von uns als Gesamtraum des Bades neu rhythmisiert. Basierend auf dem Vorhandenen erzeugen die Massnahmen in Architektur, Freiraumgestaltung und Kunst eine neue Kohärenz des Strandbades als Parkraum.

Freiraum
Die Qualität des Vorhandenen liegt in der offenen Gefasstheit der Bade- und Parkanlage. Unaufdringlich gerahmt von den Garderoben- und Nebengebäuden der 1950er Jahre ist der parkartige Raum durch das lockere Kronendach der  bestehenden Bäume überspannt. Vor allem im älteren, nördlichen Teil ist dieser Charakter deutlich. Negativ ist der Zerfall dieses Raumpotentials einerseits durch den bestehenden Kiosk aus den 1980er Jahren, mit vereinzelten und fragmentarischen Interventionen im direkten und weiteren Umfeld, sowie  einzelgängerische Raumgesten im Süden des Strandbades, die diesen Teil als „nicht vollzogene Erweiterung" erscheinen lässt. Hier zerfällt der Raum und verliert seine kohärente Qualität.
Der im Süden zersplitterte Gesamtraum wird durch Auslichten des Baumaufwuchses und der Sträucher und durch Neupflanzungen zu einem offenen, jedoch zusammenhängenden Parkraum gefügt. Gleichzeitig wird das Gelände mit insgesamt acht Hügeln akzentuiert. Die flachen Topographien weisen alle eine sanfte, aber dennoch gefasste Form auf. Bei einer maximalen Höhe von einem Meter modulieren und gliedern sie den Raum. Es entstehen Bezug gebende Horizonte im gepflegten Rasenteppich die unterschiedliche Nutzungsmuster und Mikrosoziotope generieren: Das sich Sonnen oder das Frisbeespiel, das Lagern mit der Familie oder das Buchlesen mit einer leichten Böschung im Rücken nutzt unterschiedliche Mikroklimate und Topographien.
Als rahmende Geste zum Mythenquai wird die Bambuswand in beide Richtungen fortgeführt. Dieser starke räumliche Rücken entlang der westlichen Grenze dient auch der Organisation aller einzelnen Ausstattungselemente der Badi (freistehende Umkleidekabinen, Kinderbad, Kletterspielplatz und Grillierbereich). Gefasst durch Garderobengebäude und Bambuswand fügt sich hier auch die neue Anlieferung ein. Die einzelnen Elemente werden mit den neuen Hügel und neuen Baumgruppen räumlich rhythmisiert. Alle Baumneupflanzungen werden mit fiederblättrigen Baumarten ausgeführt. Diese ergänzen die vorhandenen fiederblättrigen Eschen, Blasenbäume, Sophoren, Götterbäume, Zelkoven und Surenbäume des Strandbads. Die Fiederung der Laubes lässt sich - trotz der lokalen Standortgerechtigkeit - als subtile Tropikalisierung lesen: ein Hauch von Exotik wie in einem Palmenhain. Alle Wege werden in Asphalt ausgeführt. Akzentuierenden Einzelflächen wie Duschen, Stege und vor allem aber die Terrasse des neuen Kiosk werden in Beton ausgeführt. Die bisherigen Einbauten von Sträuchern und Holzwänden werden zurückgebaut.

Kunst
Als Geste einer umfassenden Raumidee für das Strandbad wendet das künstlerische Konzept die Strategie einer der Badekultur eigenen Territorialisierung an. Die Repräsentation des menschlichen Körpers im öffentlichen Bad erreicht strategisches Niveau, wenn es die Inanspruchnahme konkreten Raums und Territoriums angeht. In Bezug zu der Stelle, an der man sich und seine Sachen niedergelassen hat: Das In und Aus-dem-Wasser, das Wegsein zum Spielen, das Holen eines Getränks oder Snacks beinhaltet die Dialektik der An- und Abwesenheit des Körpers im Raum.
Die für das Strandbad Mythenquai konzipierte Serie von Skulpturen repräsentiert unterschiedliche Badetücher, die jeweils eine Liegestelle von ein bis anderthalb Quadratmetern für sich beanspruchen. Die Zusammenstellung einer solchen Gruppe von Skulpturen präfiguriert das soziale Erleben einer Familie oder Gruppe Freunde im Bad. Die Skulpturen bilden die auf Handtüchern gelegenen Körper ab, deren Abdruck je nach Untergrund Sand, Grass,  Beton - ein konkreteres Abbild des abwesenden Körpers hinterliesse.
Die Handtuchkörper (zwischen 75 x 150 cm und 80 x 200 cm) werden in Hochleistungsfaserbeton (Ductal) gegossen. Das Material ermöglicht feinste, selbst textile Oberflächendetails. Die Silikongussform wird von einer modellierten Tonform abgenommen. Die abstrakte Musterung wird in Grautönung als gefärbter Beton gegossen. Der Werkstoff Ductal kombiniert aussergewöhnliche Haltbarkeit mit exakten Gussmöglichkeiten für einfache, wie auch hochkomplexe Formen.
Jede Einzelskulptur zeigt den Abdruck einer Person. Das Strandbad erhält drei Gruppen solcher Skulpturen. Während die Skulpturen weiterhin begehbar und benutzbar sind, werden sie doch immer markieren, dass diese Stelle schon besetzt ist. Das Strandbad Mythenquai verdient es, den Menschen immer präsent zu haben: in der Badesaison, wie auch im Herbst, Winter und im Frühjahr.

Pavillon
Der Pavillon besteht im Wesentlichen aus einem grossen, hauchdünnen Dach, das mit seiner Aufsicht an eine "Liegende" (Figur) erinnert und sich mit dem  Kronendach der bestehenden Bäume verbindet. Unter dem Dach sind zum einen die Räumlichkeiten des neuen Kiosks untergebracht, im offenen Teil organisiert und beschattet es auch die Aussensitzplätze. Die Grundrissfigur ist dem See zugewandt und bildet einen offenen Hof, von dem aus eine gedeckte Zone zum Kiosk, dem Restaurant und zu den WC-Anlagen führt. Das leicht wirkende Dach, welches sich nach aussen hin noch verjüngt, ist maximal 20 cm dick, wird aus Brettschichtholz gefertigt, von nur 4 cm dicken Stahlstützen getragen und mit einer vorkonfektionierten EPMD-Kautschukfolie gedeckt. Der darunter liegende, frei geformte Körper wird durch geschosshohe Rundhölzer formuliert. Dahinter sind wahlweise Isolationsverbundplatten respektive rahmenlose Isolationsverglasungen zwischen Boden und Dach gespannt. Die Rundhölzer der Fassade betonen die Körperlichkeit des Gebäudes, der weisse Anstrich schafft eine gewisse Beziehung zu den übrigen Bauten der Anlage. Das Innere des Gebäudes ist einfach organisiert. Eine interne Erschliessung verbindet die Anlieferung und sämtliche Kühl- und Lagerräume mit der Küche, dem Selbstbedienungsbereich und dem Kiosk.   
Die Lage des neuen Pavillons ist leicht nach Süden verschoben. Er wird damit zum Bindeglied zwischen dem nördlichen und südlichen Teil der Anlage. Ein weiterer Vorteil dieser Verschiebung scheint aber auch zu sein, dass mit gewissen Bauarbeiten schon vor dem Abbruch des bestehenden Gebäudes begonnen werden kann.
Unser Projekt sieht vor, mit meist kleinen Eingriffen den Charakter des heutigen Strandbads zu stärken um das Mythenquai als einen offenen, zusammenhängenden Park erlebbar zu machen. Die Ränder werden gefestigt und der Parkraum durchlässiger gestaltet. Die in Teilen vorhandene „Topographie" wird aufgenommen und zu einer „Landschaft" geformt. Die zu Gruppen zusammengefassten und frei im Park platzierten Badetuch-Objekte thematisiert das räumliche wie auch sinnliche Verhältnis von Wiese und den darauf liegenden Körpern. Das Pavillongebäude als das Zentrum der Anlage verbindet die verschiedenen Räume miteinander und vermittelt zwischen Baumkronen und Topographie. - Unser Projekt soll ein Ort für soziale und sportliche Aktivitäten sein, aber auch ein Ort für Ruhe, Müssiggang und Tagtraum.