Städtebauliche und architektonische Bedeutung
Zwischen dem Industrieplatz, dem Schiebenbühnenplatz und dem Industriepark gelegen, bildet das Verwaltungsgebäude 2 (VG2) das geographische Zentrum, den Schwerpunkt des SIG- Areals. Vor ihm liegt das geschützte, nur zweigeschossige VG1, das wiederum zentral am Industrieplatz liegt. Östlich davon ist der neu gestaltete Heinrich-Moser-Platz, westlich davon das geplante "Wohnzimmer des Areals“, die Öffnung des "Saal 66“ bis zum Belvedere. Im Süden liegt der Schiebebühnenplatz mit den grossmassstäblichen Industriebauten. Die Aufstockung des Verwaltungsgebäudes 2, vom Bahnhof, vom Industrieplatz und allen obengenannten Orten gut sichtbar, hat das Potenzial ein Leuchtturm, ein Wahrzeichen oder Erkennungszeichen für das gesamte SIG-Areal zu werden. Das bedeutet allerdings, dass der architektonische Ausdruck der Aufstockung diesem Anspruch gerecht werden muss. Die Aufstockung als Strategie entspricht dem Konzept des pragmatischen Weiterbauens, das so typisch ist für viele Industrieareale und das den speziellen Charme dieser ausmacht.
Plädoyer für das "Weiterbauen“
Das SIG-Areal ist im Wesentlichen ein städtisches Entwicklungsgebiet wie viele andere auch. Was es aber von anderen unterscheidet ist seine Geschichte und damit seine Identität. Folglich scheint es angebracht mit den Zeugen der Geschichte, den bestehenden Bauten, behutsam umzugehen. Das heisst nicht, dass Veränderungen nicht sichtbar sein sollen, auch die Gegenwart ist morgen schon Geschichte. Es geht vielmehr darum, die Geschichte erfahrbar und ablesbar zu machen, sodass die Entwicklung des Areals als Prozess wahrnehmbar bleibt. Das VG2 wurde 1927 erbaut und bereits 1939 aufgestockt. Es wurde als Ergänzungsbau parallel zum prominenteren VG1 gestellt und war durch eine Passerelle mit ihm verbunden. In seiner Länge wie auch in seiner Höhe übertrifft es das davor gestellte VG1 und wird so auch Teil der Eingangs- und Platzfront des davorgelagerten Industrieplatzes. Die beiden Gebäude verbindet ein paralleler strassenähnlicher Raum, welcher mit der heutigen Entwicklung des Areals noch an Bedeutung gewinnen wird. Dieser schafft einen klaren Bezug zwischen dem neuen Heinrich-Moser-Platz, dem geöffneten Saal 66 und dem Belvedere.
Das denkmalgeschützte VG1 und das dahinter stehende VG2 bilden ein Ensemble. Einen Ersatzbau anstelle des heutigen VG2 würden wir wieder vergleichbar platzieren. Aber das bestehende Gebäude mit Aufstockung erzählt mehr über seine Geschichte. Es übernimmt die Art des pragmatischen Weiterbauens, welche für Industrieareale so typisch ist. Es ist auch nachhaltiger, weil es mit der grauen Energie behutsamer umgeht. Das Weiterbauen muss aber selbstverständlich ökonomisch vertretbar sein.
Projektvorschlag
Das Projekt sieht vor, einen neuen Gebäudekern in das bestehende Gebäude einzubauen, der die Erdbeben- sicherheit weitestgehend löst und die Brandschutzanforderungen sowie den hindernisfreien Zugang gewährleistet. Die Statik der Aufstockung ist die eines Reitergebäudes. Auf vier ausse liegenden Stützen steht ein offenes Tragwerk, welches die Lasten der Aufstockung aufnimmt. Ein Faltwerk bildet das Dach und ermöglicht das Herunterhängen der beiden neuen Geschossdecken. Damit muss die Statik des bestehenden Gebäudes nicht aufwendig verstärkt werden und die Aufstockung erhält einen für ihre Lage angemessenen Ausdruck. Die so entstandene Gebäudekrone überragt das VG1 und ist von weitem sichtbar. Ihr Ausdruck gibt dem Areal ein eigenes Gepräge und schafft zusätzlich Identität. Die Räume unter dem Faltdach schaffen ein Raumangebot für spezielle Nutzungen, für Direktions- und Sitzungszimmer, aber auch für Konferenzräume oder einen grossen Saal.
Statisches Konzept
Für die geplante Aufstockung sind zwei grundsätzlich verschiedene statische Konzepte möglich; das eine benutzt die statischen Elemente des darunter liegenden bestehenden Gebäudes (Variante 1), das andere ist das eines Reitergebäudes, einer Art Brücke, welche das bestehende Gebäude überspannt und damit die bestehende Statik nicht weiter belastet (Variante 2). Wir haben uns für ein Reitergebäude entschieden, da die Statik des bestehenden Gebäudes keine weiteren Lasten aufnehmen kann und aufwändig verstärkt werden müsste. Dazu kommt, dass die statischen Elemente, wie die Stützen teilweise unvorteilhaft platziert sind und einen offenen Grundriss erschweren. Die Erdbebensicherheit des bestehenden Gebäudes kann weitestgehend mit dem ohnehin notwendigen neuen Gebäudekern gesichert werden.
Ausgangslage, Technische Bedingungen
Das Verwaltungsgebäude 2 wurde 1927 als Ergänzung des davor liegenden Verwaltungsgebäudes 1 erstellt. Das Gebäude war ursprünglich nur im westlichen Teil 4-geschossig wurde aber 1939 durch eine Aufstockung im Osten ergänzt. Das VG2 ist 49 Meter lang und 14 Meter breit, verjüngt sich allerdings auf der Südseite in den beiden untersten Geschossen auf 11.40 Meter, um dem Industriegleis Platz zu machen. Es ist ein Betonskelettbau mit Betondecken und massiven Aussenwänden. Der Fassadenrücksprung und die spätere Aufstockung schwächen aber das Gebäude so stark, dass es keine weiteren Lasten aufnehmen kann. Auch die Erdbebensicherheit, die Brandschutzanforderun- gen sowie der hindernisfreie Zugang sind heute nicht gewährleistet.